Wir beobachten Gottesanbeterinnen seit vielen
Jahren und haben ihr Verhalten intensiv studiert. Uns war aufgefallen, dass,
wenn Gottesanbeterinnen Beute gemacht haben, fressgierige Wespen sich an
deren Beute beteiligen wollen. Da Gottesanbeterinnen sehr wehrhafte Tiere
sind und mit ihren Fangbeinen über fürchterliche Waffen verfügen, ist dies
für die Wespen ein oft gefährliches Unterfangen. 1998 fotografierten wir in
Kroatien bei Baska Voda, in einem an der Küste gelegenen Olivenhain,
Gottesanbeterinnen. Hier beobachteten wir zum ersten Mal, dass Wespen, um
sich gefahrlos an der Beute der Fangschrecken beteiligen zu können, den
Gottesanbeterinnen die Fühler abbeißen. Da wir dieses Verhalten in den
folgenden Jahren mehrmals beobachteten und dafür in der Fachliteratur keine
Erklärung fanden, wandten wir uns an verschiedene Universitäten, Zoologische
Gesellschaften, sowie an einige renommierte Fachzeitschriften. Auf unsere
Anfragen erhielten wir die Mitteilungen, dass Fangschrecken sich visuell
orientieren und das, von uns beschriebene und fotografisch dokumentierte
Verhalten, bisher nicht bekannt sei.
Wir vermuten, dass Gottesanbeterinnen, die sehr
schnell und sehr gierig fressen, sich während des Fressens, visuell nicht
optimal orientieren können, und dass die Informationen über die Vorgänge in
ihrer Umgebung, über ihre Fühler eingebracht werden. Jedenfalls konnten sich
Wespen, wenn sie einer Gottesanbeterin die Fühler abgebissen hatten,
vollkommen gefahrlos an deren Beute beteiligen. Wir sollten nicht
vergessen, dass das Verhalten vieler Insekten sowie die Fähigkeiten ihrer
Sinne, noch nicht erforscht sind.
Mehr Informationen über dieses Verhalten und andere Europäische Gottesanbeterinnen finden Sie auf: www.mantis-religiosa.de und in unserem Bildband: "Faszinierende Kannibalen", erschienen im "Natur und Tier Verlag", Münster. |